Heimat hoch 4 – Kirschgarten

Heimat hoch 4 – Kirschgarten
Ein Theaterprojekt mit Greifswalder BĂĽrger*innen

Im 30. Jubiläumsjahr der Wende gründet das Berliner Theater-Kollektiv ‚Institut für Widerstand im Postfordismus’, das 2018 bereits mit dem Projekt „Heimat hoch 3“ im Stadtteil Schönwalde II zu Gast war, eine Bürgerbühne am Theater Vorpommern. Die Künstler*innen laden Greifswalder Bürger*innen dazu ein, sich mit dem Stück „Der Kirschgarten“ von Anton Tschechow auseinanderzusetzen und daraus gemeinsam eine eigene Version für die Bühne zu entwickeln. In dem Stück wird ein gesellschaftlicher Umbruch beschrieben und Fragen nach den eigenen Handlungsmöglichkeiten in Veränderungsprozessen aufgeworfen:
Wonach sehnen wir uns, wenn wir von einem „besseren Leben“ träumen? Suchen wir unsere persönliche ErfĂĽllung in Liebe und Arbeit oder welche Ideale treiben uns an? Im „Kirschgarten“ wird der gesellschaftliche Umbruch der russischen Ständegesellschaft kurz vor der Oktoberrevolution beschrieben wie die Ahnung vor einem groĂźen Taifun …
Was ist, wenn wir alle in einer Art Tschechow’scher Wiederholungsschleife gefangen sind? Ohne Aufbruch kein Umbruch und ohne Umbruch kein Aufbruch!

Premiere 26. Oktober 2019
Weitere Vorstellungen: 27./28. Oktober 2019 und 13./14. Januar 2020

PRESSE:

Ist der Kirschgarten verkauft? Ja! Der Rubel rollt! Sieben Greifswalder haben sich als Bürgertheater unter der Regie von Elisa Müller und dem Institut für Widerstand im Postfordismus an Anton Tschechows „Kirschgarten“ versucht und ein ambitioniertes Stück auf die Bühne gebracht. Es geht um Verlustangst, Melancholie, gesell- schaftlichen Um- und Aufbruch. Alles Attribute, die gemäß des Untertitels „Heimat hoch 4“ sowohl auf die Wendezeit, als auch auf die Entstehungszeit des Stücks im Russland um 1900 anwendbar sind.

(…) Die Handlung des OriginalstĂĽckes von Tschechow ist komplett aufgelöst, szenisch durcheinandergewirbelt (…) Elisa MĂĽller hat das StĂĽck performativ gestaltet, es gibt keine fest zugeordneten Rollen, mal spricht der beeindruckende Carsten Lange die Gutsbesitzerin Ranjewskaja, dann ĂĽbernimmt Annika-Marie Stein einen ganzen Dialog des unglĂĽcklichen (fast-)Liebespaares Anja und Trofimow. Jeder trägt ganze Passagen vor, die Auswahl der Texte konnten die Schauspieler zu Beginn der Proben selbst vornehmen. (…) Faszinierend: Die gesprochenen Inhalte entfalten ihre Wirkung unabhängig davon, wer sie gerade vorträgt – die Sätze entwickeln ein Eigenleben und stehen frei von einer zugeordneten Rolle im Raum. (…)

Ein knapp fünfminütiger „Sturm“ voller Licht- und Toneffekte taucht den Saal in dichten Nebel und lässt Kirschblüten von den Decke regnen. Dezenter, aber nicht minder gut: Der Schriftzug „Es war einmal“ wird in Kreide auf eine Tafel geschrieben. Später wird er sorgfältig abgeschrubbt. War es nun nicht mehr?

Die Interpretation von Elisa Müller ist zu einer wilden und schnellen Aufnahme des gesellschaftlichen Wandels geworden, trotz einiger komischer Momente dominiert die Melancholie. Eine Antwort auf die im Stück immer wiederkehrende Frage „Was sollen wir tun?“ gibt es nicht. Am Ende geht – ganz das Leben – jeder seinen Weg.

Ostseezeitung | Kultur | Kritik „Prost! Der Kirschgarten ist verkauft“|von Anne Ziebarth | 13. Januar 2020

 

von und mit Kevin Kliefoth, Sybille Ladewig, Carsten Langer, Thomas Schulz, Annika-Marie Stein, Sophia Warnemünde, Anne-Helene Zöllner

Konzept/Regie Elisa MĂĽller
Konzept/Spielleitung /Sound Christoph Wirth
Konzept/Dramaturgie Klara Kroymann
Konzept/Ausstattung Michi Muchina
Assistenzen Johannes Ambrosius, Steven Gentzen, Marie GolĂĽke
Produktion Anh Trieu

Ein Projekt des Institut für Widerstand im Postfordismus und dem Theater Vorpommern. Gefördert vom Fonds Soziokultur e.V., der Bundeszentrale für politische Bildung und der Universitäts- und Hansestadt Greifswald.